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Das Coronavirus wird die Arbeit im Büro natürlich nicht abschaffen. Aber es könnte viel dynamischer als zuvor werden. Es könnte vielen Arbeitnehmern ermöglichen, an neuen Orten zu leben und dennoch für einen Arbeitgeber zu arbeiten, dessen HQ hundert(e) oder tausende Kilometer entfernt liegt.

Sie finden keine Arbeitnehmer

Schon vor der Pandemie gab es das Problem, dass man keine geeigneten Arbeitnehmer fand. Viele Menschen sind in ihrer Heimat verwurzelt und haben keine Lust, sich extra wegen eines Jobs in der Nähe eines Arbeitgebers neu anzusiedeln oder langes Pendeln auf sich zu nehmen. Es findet bei den Arbeitnehmern je länger, je mehr ein Umdenken statt. Lieber weniger Geld auf dem Konto, dafür kein Stress mit Pendeln. Man hat mehr Freizeit und man lebt gesünder und stressfreier. Ein weiterer Grund weswegen viele Arbeitnehmer nicht mehr in der Stadt arbeiten möchten, sind die oft hohen Wohnkosten in den Städten und in den Agglomerationen.

Remote-Hubs

Mitte der 2010er Jahre begannen Firmen wie Amazon, Facebook, Google, Apple und viele andere, ihren Hauptsitz auf mehrere Standorte aufzuteilen. Stripe, eines der wertvollsten Start-ups der Welt, ging noch einen Schritt weiter. Im Jahr 2019 wurden Remote-Hubs aufgebaut. Dank dieser Hubs will das Startup 99% der benötigten Spezialisten ausserhalb der städtischen Gebiete finden. Die ersten vier Hubs wurden im Grossraum von San Francisco, Seattle, Dublin und Singapur eingerichtet.

Arbeitnehmer haben Nase voll vom Pendeln oder Umziehen

Viele gute Spezialisten und Talente haben nämlich keine Lust mehr umzuziehen. Darum versuchen die grossen Firmen durch Dezentralisierung mehr geeignete Mitarbeiter verpflichten zu können. Zum einen liegt extrem viel potential ausserhalb von Grossstädten brach, während in den Ballungsräumen ein grosser Mangel an Personal vorhanden ist. Zum anderen ist es günstiger Leute aus dem Umland zu rekrutieren anstatt Personal bei der Konkurrenz abzuwerben. Und mit den aktuellen, technologischen Möglichkeiten kann fast jeder von überall her für irgend eine Firma arbeiten, ohne dessen Zentrale je einmal betreten zu müssen. Dadurch können auch sehr hohe Kosten für Büroflächen eingespart werden. Mit dem eingesparten Geld können schnell mal mehrere dutzend Mitarbeiter mit einer sehr guten, technischen Ausrüstung für ihr Homeoffice ausgestattet werden.

Arbeitnehmer in kleinen Städten sind auf dem Vormarsch

Es spielt also keine Rolle mehr, wo jemand lebt. Denn wichtig sind die gesuchten Fähigkeiten der Arbeitnehmer. Und die sollen doch dort wohnen dürfen, wo sie gerne wohnen wollen. Eine Gewinn für Unternehmen und Arbeitnehmer. Mussten die Menschen bisher umziehen, damit sie einen besser bezahlen Job bekommen konnten, können sie jetzt von fast überall aus gute Einkommen erzielen. Dank solchen Homeoffice oder CoWorking-Spaces-Möglichkeiten profitieren aktuell vor allem Arbeitnehmer, welche in kleineren, technisch gut erschlossenen Städten wohnen. In den USA konnte dieser Trend sehr gut in Austin und Denver beobachtet werden. In England zum Beispiel in Manchester und Leeds. Langsam aber sicher entwickelt sich dieser Trend auch hin zu jenem Menschen, welche lieber auf dem Land leben. Stehen dort gute Datenleitungen zur Verfügung ist es problemlos möglich, auch für für einen ländlich wohnenden Arbeitgeber von Zuhause aus zu arbeiten. Diese Entwicklung ist sowohl für die überlasteten Städte, den überlasteten öffentlichen Verkehr, die überlasteten Autobahnen als auch für einkommensschwächere Landregionen ein grosser Gewinn. Es gibt keine Verlierer, nur Gewinner.

Unzufriedene Arbeitnehmer

Es gab seit einiger Zeit Anzeichen dafür, dass der Büromarkt auf eine Krise zusteuerte. Während die Arbeitgeber vergeblich um neue Mitarbeiter kämpften, fanden viele Mitarbeiter, dass traditionelle Büros nicht mehr zeitgemäss sind. Im Jahr 2019 analysierte Leesman, ein Unternehmen welches die Bedürfnisse von Arbeitnehmern analysiert, wie sich der Arbeitsplatz auf die Produktivität, die Gesundheit und die Freude an der Arbeit auswirkt. Leesman stützte sich auf 719.000 befragte Arbeitnehmer, welche bei weltweit 4.771 Unternehmen angestellt waren und stellte fest, dass 40 Prozent der Mitarbeiter mit der Arbeitssituation im Office des Arbeitgebers unzufrieden waren.

Covid

Dann zwang die Pandemie viele Mitarbeiter in das Homeoffice. Mehrere Umfragen haben ergeben, dass viele Arbeitnehmer weiterhin remote arbeiten möchten. Viele Arbeitnehmer möchten diese neuen Möglichkeiten auch dazu nutzen, wieder in ihre Heimat zurückzukehren oder sich generell für einen anderen Lebensort entscheiden zu können. Es gibt aber durchaus auch Arbeitnehmer, welche es Zuhause im Homeoffice nicht über eine längere Zeit aushalten und sich zwischendurch eine Luftveränderung wünschen. Oder Arbeitnehmer welche sich von den eigenen Kindern gestresst fühlen und extern arbeiten möchten.

CoWorking-Spaces

Für diejenigen Arbeitnehmer wären alternative Formen wie CoWorking-Spaces eine spannende Lösung. Wenn sich solche «öffentlichen» Büroräume durchsetzen und über das ganze Land verteilen, ergäbe das für manchen Arbeitnehmer die Möglichkeit, regelmässig aus dem Homeoffice rauszukommen, aber dennoch nahe des eigenen Zuhauses bleiben zu können. So kann der Mitarbeiter dank der Nähe des CoWorking-Spaces auch mal zu einem Elterngespräch in die Schule des Kindes gehen oder zum Mittagessen nach Hause spazieren. Mit solchen Möglichkeiten werden auch die Technologien, mit denen wir remote arbeiten, lernen und auch Kontakte knüpfen können, weiterhin stetig verbessert.

Vermieter haben andere Interessen

Vermieter und Makler weisen in dieser Covid-Phase gerne darauf hin, dass Unternehmen wie Google und Facebook während der Pandemie neue Mietverträge abgeschlossen haben. Diese Unternehmen stellen jedoch vierteljährlich Tausende neuer Mitarbeiter ein und planen ihre Expansion viele Quartale oder Jahre im Voraus. Selbst Unternehmen die sich nicht im Wachstumsmodus befinden, werden sich mittelfristig anhand der neuen Normalität ihre Gedanken dazu machen müssen. Darum verlängern auch immer mehr kleine- und mittelständische Unternehmen ihre Mietverträge nur noch für kürzere Zeitspannen. Sie wollen erstmals abwarten wie sich die Markt- und Arbeitsmethoden verändern werden und wie sie generell mit der neuen Art des Arbeitens klarkommen.

Sinkende Nachfrage

Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Nachfrage nach Büros in den Zentren und Geschäftsvierteln sinken wird. Entscheidend wird natürlich sein, wie sich die Mietpreise im Bereich von Büroräumen entwickeln. Wie viel günstiger können Büroräume noch werden? Oder würde es für den Vermieter sogar Sinn machen, Büroräume in teure und gesuchte, innenstädtische Wohnräume umzuwandeln?

Kleine Büroflächen in den Regionen

Es werden sicher nicht alle Büroaktivitäten ins Homeoffice oder in den CoWorking-Space verlagert. Es könnte durchaus sein, dass Firmen eigene kleine Büroflächen zwischen den Zentren, aber dennoch sehr gut erreichbar, aufbauen werden. Kantone als Arbeitgeber verfügen zum Beispiel bereits über verschiedenste Immobilien, welche über den ganzen Kanton verteilt liegen. Hier könnte es Sinn machen, diese Flächen nicht mehr stur anhand eines Arbeitszweiges zu belegen, sondern anhand der Mitarbeiter und Wohnorte. Damit würden sich die Arbeitsbereich zwar regional durchmischen, aber für viele Mitarbeiter würde das lange Pendeln grossmehrheitlich entfallen. Und man könnte der Bevölkerung erst noch eine viel bessere Dienstleistung anbieten. Zb. indem man für bestimmte Dokumente nicht immer in den Hauptort fahren muss, sondern diese Dokumente in der Nähe des Wohnortes beziehen könnte. Leider sind aber gerade staatliche Arbeitgeber oftmals meilenweit weg von modernen, zukunftsgerichteten Arbeitsmodellen…

Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass viele Arbeitnehmer es vorziehen zu Fuss oder mit dem Fahrrad ins Büro zu gehen, oder von zu Hause aus zu arbeiten.

Satellitenbüros

Einige grosse Arbeitgeber experimentieren mit Satellitenbüros in den Vororten von Städten, in denen sie bereits einen Hauptsitz in der Innenstadt haben. Das Hauptbüro wird für die meisten Unternehmen weiterhin wichtig sein. Dennoch sollen wenn möglich immer weniger Leute direkt am Hauptsitz arbeiten müssen. Der Hauptsitz soll eher zu einem «Konsumprodukt» werden. Bürogebäude sollen in Zukunft mehr Raumflächen für bestimmte Aufgaben wie gezieltes Arbeiten, Team-Brainstorming, Kundenpräsentationen und Mitarbeiterschulungen beinhalten. Unproduktive und krankmachende Grossraumbüros fallen weg. Gefragt sind dagegen Einzelbüros oder kleine Teambüros, welche nach Bedarf durch die Mitarbeiter elektronisch gebucht werden können. Mal arbeitet man Zuhause, mal im Satellitenbüro, mal am Hauptsitz. Gerade so wie es für den Job notwendig ist.

Diese Veränderungen werden schrittweise erfolgen, aber sie werden einen erheblichen Einfluss auf die städtischen Bürogebäude haben. Solche Gebäude dienen zum Hauptzweck nur noch der äusseren Wahrnehmung.

5-10 Jahre

In den kommenden 5-10 Jahren wird sich viel bewegen. Die Gewinner werden jene Arbeitgeber sein, welche nicht auf ihre alten, verstaubten Bürohaus-Konzepten setzen. Es werden jene erfolgreich die besten Mitarbeiter anziehen können, welche dezentrale Formen inkl. Homeoffice anbieten werden. Diese Firmen werden die besten und vor allem auch zufriedensten und loyalsten Arbeitnehmer in ihren Reihen haben. Sie werden überleben.